FORCHHEIM - Schüler des P-Seminars am Ehrenbürg-Gymnasium Forchheim beschäftigen sich mit Biologie-Wissen und erhalten dafür einen Artenkennerpass. Dahinter steckt eine neue Kooperation.
Neben einem Stempel im Artenkennerpass erhielten die Teilnehmer ein T-Shirt, das ihre neu erworbene Eigenschaft offenkundig macht.
Neben einem Stempel im Artenkennerpass erhielten die Teilnehmer ein T-Shirt, das ihre neu erworbene Eigenschaft offenkundig macht. © Pauline Lindner
Ein großer, etwas heiserer Hund bellt im Wald bei den Schwarzen Weihern zwischen Buckenhofen und Pautzfeld. Vermeintlich ein Hund. Es ist ein Kolkrabe ( Corvus corax ), der eine Gruppe junger Leute entdeckt hat. "Die Kolkraben waren die Begleiter von Odin. Ihre Namen waren Hugin und Munin und die bedeuten Verstand und Mut", erklärt Diana Herpfer über nordische Mythologie. Sie ist Mykologin, also Pilzkundlerin.
Sie ist mit den Schülern eines P-Seminars des Ehrenbürg-Gymnasiums unter der Leitung von Carsten Schlegel unterwegs. Ein Jahr lang wollen sie sich mit dem Reich der Pilze befassen und haben sich deshalb zu dieser Exkursion angemeldet. Gleichzeitig erwerben sie ihren ersten Stempel im Artenkennerpass.
Dahinter steckt eine Kooperation des Landkreises, des Schulamts, der Staatlichen Naturwissenschaftlichen Sammlungen Bayerns, des Bunds Naturschutz und der Bayerischen Akademie für Naturschutz und Landschaftspflege. Die nötigen Fördermittel stammen von der Glücksspirale.
Appell an Jäger-und-Sammler-Instinkt
Ziel der vom Biologen Johannes Mohr ins Leben gerufenen Aktionen ist die Weitergabe von Wissen auf verschiedenen Gebieten der Biologie. Wissen, das sich inzwischen meist ältere Menschen in jahrelangem Befassen mit ihren Spezialgebieten erworben haben. Und das ohne Nachfolger verlorenzugehen droht.
Wobei man nicht außer Acht lassen darf, dass solches Wissen nur mit Praxisbezug erworben werden kann. Es ist ein himmelweiter Unterschied, ob man einen Pilz nur vom Bild im Buch oder im Internet kennt oder ihn in seinen Lebensbedingungen gesehen und untersucht hat.
Herpfer appelliert während des gemeinsamen Weges immer wieder einmal an den Jäger-und-Sammler-Instinkt. Das funktioniert recht gut, auch wenn die Witterung zu trocken ist, sodass nur wenige Pilze Fruchtstände, den Teil, den man gemeinhin als Pilz bezeichnet, ausbilden konnten. Trotzdem entdecken die Jungforscher viele Pilze, auch wenn – eben der Trockenheit geschuldet – kein Röhrenpilz dabei ist, einer Gruppe, zu der die beliebtesten Speisepilze wie der Steinpilz oder die Rotkappe gehören.
Mit ihren Vorkenntnissen denken die Schüler sofort daran, auf Totholz zu achten, denn in ihm finden viele Baumschwämme ihre Nahrung. Sie zersetzten entweder das Lignin (Weißfäule) oder die Zellulose (Braunfäule) und führen so die abgestorbene biologische Masse wieder dem Kreislauf des Lebens zu.
Uraltes Wissen wiederentdeckt
Erster Fund: Ein Birkenporling auf einem dürren Ast. "Piporus betulinus" benennt ihn Herpfer mit seinem Fachnamen. "Ötzi hat ihn dabei gehabt; er hilft gegen Magenweh." Uralt ist das Wissen um Pilze und ihre Eigenschaften und vieles davon ist verloren gegangen und wird erst seit jüngster Zeit wieder entdeckt, weiß die Biologin. Darunter auch, dass Pilzabsud ein lichtechtes Färbemittel für Wolle ist: Die Kremplinge geben ein wunderbares Hellbraun, beweist sie mit einem Korb voller selbstgefärbter Wollknäuel. Das auf alten Baumstümpfen wachsende Schwefelköpfchen habe seinen Namen vielleicht sogar, weil es einen Gelbton erzeugt. Der essbare Habichtspilz vertritt die blaugrün Töne...
Wie komplex die Welt der Pilze ist, erläutert Herpfer am Beispiel des Hallimasch. Das Mycel, der eigentliche Pilz, eines Exemplars in Oregon umfasse die Fläche des Tegernsees und gelte damit als größtes Lebewesen der Erde. Ein Hallimasch (Gattung Armillaria oder Honigpilze) habe die uralte Linde in Burk befallen. Sie wurde brüchig und musste deshalb stark zurückgeschnitten werden. Denn der Hallimasch entzieht dem Wirtsbaum über die Maßen Nahrung, genauer Zucker. Dorthin gelangt sei der Pilz vermutlich durch Wanderung, die eine fadenartige Substanz möglich macht.
Pulversisiert habe der Hallimasch eine antibiotische Wirkung. Und er hat einen Antagonisten. Der Eichhase siedelt als Parasit auf dem Hallimasch und nimmt sich seine Portion Zucker. Der Fruchtstand des Eichhasen ist übrigens essbar.
Bevor es den begehrten Stempel gab, durften die Schüler Pilzkaviar probieren. Das ist ein pürierter Brotaufstrich aus Pilzen und gerösteten Zwiebeln. "Schmeckt köstlich", ist die einhellige Meinung der Gruppe. Doch dann taucht die Frage auf: Darf er als vegan bezeichnet werden? "Nur, wenn ich den Begriff definiere als: ohne tierische Bestandteile", sagt sie. Denn Pilze seien nun mal keine Pflanzen.
PAULINE LINDNER
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